„Google Fonts“ und Persönlichkeitsrechte

In den vergangenen Wochen kam es wiederholt zu Abmahnungen von Rechtsanwaltskanzleien, die gegenüber Webseitenbetreibern vermeintlich bestehende Zahlungsansprüche wegen angeblicher Verstöße gegen die DSGVO geltend machen. Dies wird in den entsprechenden Schreiben damit begründet, dass Webseitenbetreiber sog. „Google Fonts“ unmittelbar über die Google-Server in den USA beziehen und nicht lokal in ihr System eingebettet haben. Auch uns liegt ein entsprechendes Schreiben eines Rechtsanwalts aus Berlin vor, der einen vermeintlichen Zahlungsanspruch mittels einer solchen „Abmahnung“ im Auftrag seines Mandanten geltend gemacht hat.


8. November 2022

 

„Google Fonts“ ist ein Verzeichnis mit ca. 1.400 Schriftarten, die Google Webseitenbetreibern lizenzfrei zur Verfügung stellt. Diese „Google Fonts“ können entweder dynamisch oder statisch in eine Webseite eingebunden werden. Im Rahmen der sog. dynamischen Einbindung werden die Schriftarten unmittelbar über die in den USA befindlichen Google-Server eingebunden. Dies hat allerdings zur Folge, dass die IP-Adressen der Webseiten-Besucher automatisch und ohne deren Zustimmung an Google und somit in die USA weitergeleitet werden. Das Landgericht München I hat am 20.01.2022 (Aktenzeichen: 3 O 17493/20) die Entscheidung getroffen, dass die Weitergabe der IP-Adressen der Webseiten-Besucher ohne deren Zustimmung einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gleichzeitig gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Rechtssicher ist daher die sog. statische Einbindung direkt auf dem Server der eigenen Webseite, weil es in diesem Fall nicht zu einer Weiterleitung der IP-Adressen der Webseiten-Besucher auf die Google-Server in die USA kommt.

Es ist zwar richtig, dass das Landgericht München I in der oben genannten Entscheidung einem Betroffenen infolge der dynamischen Einbindung der „Google Fonts“ und einer damit einhergehenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld in Höhe von € 100,00 zugesprochen hat. Hierbei handelt es sich aber um eine Einzelfallentscheidung, die nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Abmahnwelle übertragen werden kann.

Unseres Erachtens sprechen gute Argumente dafür, dass das Vorgehen der Rechtsanwaltskanzleien rechtsmissbräuchlich ist. Es ist zwar legitim, einen gesetzlich zustehenden Anspruch wegen einer vermeintlichen Persönlichkeitsverletzung geltend zu machen. Mit den in den vergangenen Wochen ausgesprochenen Abmahnungen der Rechtsanwaltskanzleien wird allerdings nicht der Zweck verfolgt, sich gegen die vermeintlichen Persönlichkeitsrechtsverletzungen zur Wehr zu setzen. Vielmehr bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es den Rechtsanwaltskanzleien und ihren Mandanten um die Verfolgung finanzieller Absichten geht, was rechtsmissbräuchlich wäre. Zudem spricht aufgrund der Vielzahl der in den vergangenen Wochen versandten Abmahnungen einiges dafür, dass ein sogenanntes „Crawling-Tool“ verwendet wird, sprich ein automatisiertes Tool, mit dessen Hilfe Webseiten automatisch überprüft werden, ob diese die „Google Fonts“ lokal eingebettet haben oder unmittelbar über die Google-Server in den USA beziehen. Mittlerweile wurde sogar seitens des LG Baden-Baden mit Beschluss vom 11.10.2022 (Aktenzeichen: 3 O 277/22) eine einstweilige Verfügung erlassen, die einem abmahnenden Rechtsanwalt unter Androhung eines Ordnungsgeldes aufgab, es zu unterlassen, die Antragstellerin mit Forderungen im Zusammenhang mit der Einbindung von „Google Fonts“ zu kontaktieren.

Wenn Sie ebenfalls eine „Abmahnung“ wegen einer vermeintlichen Persönlichkeitsrechtsverletzung in Verbindung mit „Google Fonts“ erhalten haben, sind wir Ihnen bei der Prüfung der Verteidigungsmöglichkeiten gerne behilflich.