Neue Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Verfall von Urlaub

Seit ca. Ende Februar 2019 kursiert in zahlreichen arbeitsrechtlichen Portalen und Blogs eine Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) über eine Entscheidung des BAG vom 19.02.2019  (Aktenzeichen: 9 AZR 423/16 – der vollständige Urteilstext ist seit Kurzem auf der Website des BAG abrufbar) zur sogenannten Mitwirkungsobliegenheit (auch Hinweisobliegenheit) des Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Verfall von Urlaub. Aufgrund dieser Entscheidung müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer auf die im jeweiligen Jahr bestehenden Urlaubstage konkret hinweisen, um zu erreichen, dass mit Ablauf des Kalenderjahrs der (restliche) Urlaubsanspruch verfällt. Diese Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers ist eine Neuerung, die jeder Arbeitgeber umsetzen sollte, da andernfalls der im Kalenderjahr nicht genommene Urlaub – anders als noch nach alter Rechtsprechung – im Folgejahr fortgeschrieben wird.


5. August 2019

Damit der Urlaub des Arbeitnehmers zum 31.12. des Jahres auch nach der neuen Rechtsprechung verfallen kann, muss der Arbeitgeber demnach „konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt.“ Konkret bedeutet dies u.a., dass

  • eine oder ggf. mehrere qualifizierte Unterrichtungen der jeweiligen Arbeitnehmer zu erfolgen hat/haben
  • die Unterrichtungsschreiben in Textform erfolgen sollten
  • im Regelfall eine Unterrichtung zu Beginn des Kalenderjahres vorzunehmen ist (die Mitwirkungsobliegenheit enthält grundsätzlich nicht eine ständige Aktualisierung dieser Unterrichtungen, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs)
  • Idealerweise zum Beginn des 3. Quartals eine weitere (aktualisierte) Unterrichtung erfolgt und in Sonderfällen zwingend auch zu anderen Zeitpunkten ggf. weitere Unterrichtungen vorzunehmen sind
  • daneben auch im Folgejahr qualifiziert über nach § 7 Abs. 3 S. 2 Bundesurlaubsgesetz übergegangene Urlaubsansprüche zu unterrichten ist
  • aktualisierte Unterrichtungsschreiben dann erforderlich werden, wenn der Arbeitgeber sich in Widerspruch zu seinen Erklärungen setzt, indem er zum Beispiel einen Urlaubsantrag aus anderen als in § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG genannten Gründen ablehnt oder anderweitig die Situation erzeugt, die geeignet ist, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, seinen Urlaub zu beantragen

Bemerkenswert ist ferner, dass das BAG für Altfälle keinen Vertrauensschutz gewährt und darüber hinaus weder eine Aussage über die zeitliche Begrenzung zu berücksichtigender Alt-Urlaubsansprüche, noch hinsichtlich zukünftiger Übertragungszeiträume getroffen hat.

Sollten Sie von dieser Neuerung betroffen sein und benötigen Sie als Arbeitgeber Hilfe bei der Erstellung von Unterrichtungsschreiben sowie der Integration in die Arbeitsabläufe Ihres Betriebs oder wollen Sie als Arbeitnehmer vermeintlich verfallene Alt-Urlaubsansprüche geltend machen oder haben Sie andere Anliegen sowie Fragen zu diesem Thema, helfen wir Ihnen gerne weiter.