Grundsätzlich verfallen Urlaubsansprüche bei einer Langzeiterkrankung 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres, wenn der Arbeitnehmer das gesamte Urlaubsjahr arbeitsunfähig ist und der Arbeitgeber seiner Hinweisobliegenheit nicht nachgekommen ist. Nach der oben zitierten BAG-Entscheidung kann diese 15-monatige Verfallfrist bei Langzeiterkrankungen, die nicht das gesamte Kalenderjahr andauern, aber ebenfalls ausnahmsweise unabhängig von der Erfüllung der Hinweisobliegenheit beginnen.
Im vom BAG entschiedenen Fall war der Kläger seit dem 18.01.2016 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 2019 arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger machte die Abgeltung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016 klageweise geltend.
Nach Ansicht des BAG muss es einem Arbeitgeber tatsächlich möglich sein, einen Arbeitnehmer vor dessen Erkrankung in die Lage zu versetzen, Urlaub zu nehmen. Solange dies aufgrund des frühen Zeitpunkts des Krankheitseintritts im Urlaubsjahr nicht der Fall ist, kann der Verfall des Urlaubsanspruchs nicht von der Erfüllung der Hinweisobliegenheit abhängen. Daher entschied das BAG, dass in dieser Spezialkonstellation die 15-monatige Verfallsfrist ausnahmsweise auch dann zu laufen beginnt, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist.
Mit Entstehung des Urlaubsanspruchs (nach Ablauf der Wartezeit gemäß § 4 BUrlG grundsätzlich am 1. Januar eines Kalenderjahres) muss der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BAG seiner Hinweisobliegenheit unverzüglich nachkommen. Unter normalen Umständen ist dies innerhalb einer Zeitspanne von einer Woche zu erledigen. Ohne Vorliegen besonderer Umstände (bspw. bei Betriebsferien zu Jahresbeginn) handelt der Arbeitgeber somit nicht mehr unverzüglich, wenn er seiner Mitwirkungsobliegenheit erst später als eine Woche nach Urlaubsentstehung nachkommt.
Der Urlaub kann nach Ansicht des BAG aber nur in dem Umfang erhalten bleiben, in dem der Arbeitnehmer ihn bis zum Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich hätte in Anspruch nehmen können. Soweit der Arbeitnehmer den Urlaub selbst bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Hinweisobliegenheit aus gesundheitlichen Gründen nicht hätte nehmen können, treffen den Arbeitgeber nicht die nachteiligen Folgen der Hinweisobliegenheitsverletzung. Im entschiedenen Fall waren dies zehn Tage – von Montag, 4. Januar, bis Freitag, 15. Januar. Da der Arbeitgeber aber erst ab dem 9. Januar seiner Hinweispflicht hätte nachkommen müssen, zählten nur die fünf Arbeitstage der zweiten Januarwoche. Daher hat das BAG die Revision als überwiegend unbegründet zurückgewiesen und 25 Urlaubstage als bereits verfallen angesehen. Bezüglich der verbliebenen fünf Urlaubstage wurde die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Nach der oben zitierten BAG-Entscheidung wird einem Arbeitgeber zumindest ein kurzer Zeitraum von einer Woche zu Jahresbeginn zugestanden, innerhalb dem er seiner Hinweisobliegenheit nachkommen muss. Es ist aufgrund der aktuellen BAG Entscheidung auch dringend zu empfehlen, der Hinweisobliegenheit hinsichtlich des Verfalls von Urlaub bereits zu Beginn eines jeden Urlaubsjahres nachzukommen. Hierbei sind wir Ihnen selbstverständlich gerne behilflich.